
Fünf Methoden gegen die Schreibblockade
Die Deadline naht, die Ideen bleiben aus – ein Horrorszenario für alle Schreibenden. Hier meine praktische Hilfe gegen den Beton im Kopf. Entscheide, welche dieser fünf Methoden deine Schreibblockade löst.
Die Schreibblockade ist fair – Sie trifft uns alle
Schreibblockaden kennen alle Schreibenden: Autor*innen wie Journalist*innen, Forschende, Studierende und auch Arbeitnehmende vor dem E-Mail-Programm. Selbst bei Schreiben einer Glückwunschkarte erwischt dich die Schreibblockade je nach Tagesform eiskalt aus dem Hinterhalt. Da sitzt du vor dem leeren Blatt oder dem blinkenden Cursor und nichts geht mehr. Die Gedanken scheinen wie blockiert, die Kreativität ist wie ausgelöscht. Aber keine Sorge, das ist ganz normal und es gibt Wege, diesen Zustand zu überwinden. Das Beste daran: Schreibblockaden mit dem richtigen Handwerkszeug den Kampf anzusagen, bringt Spaß in den Schreibprozess, trainiert deine Schreibmuskeln für den nächsten Schreib-Blackout und fördert erstaunliche Resultate aus deinem Unterbewusstsein aufs Papier.
Einfach starten, Blockade knacken
Packt mich die Schreibblockade, halte ich es mit Doris Dörrie. Sie gibt Schreibenden den Tipp: Der Schlüssel zum Schreiben ist, nicht nachzudenken, um die Inspiration nicht zu unterbrechen. Probiere es aus: Schreib los. Jetzt!
Einfach hinsetzen und losschreiben? Kann das funktionieren, wenn doch klar ist, dass da gerade so gar nichts aufs Papier fließen will? Meine knappe Antwort: Ja, es funktioniert. Bestätigen können das übrigens sämtliche Studierende meiner Schreibworkshops. Innerhalb einer halben Stunde gelangen auch die hartnäckigsten Fälle von Boah, mir fällt nichts ein, zu: Wahnsinn, was da alles aus mir heraus gesprudelt ist.
Und ganz ehrlich, zeitsparender als auf dem Bleistift herumkauen ist einfach loslegen allemal. Es passiert dir auch nichts. Deine Texte gehören nur dir. Sie werden erst gelesen, wenn du das bestimmst und den Text für dein Publikum freigibst. Bis dahin kannst du deine Texte: liegenlassen, überarbeiten, liegenlassen, feinschleifen. Sooft es dir gefällt – und du die Deadline nicht vergisst.
Docken wir also gemeinsam an die Idee des Einfach-Losschreibens an. Ich stelle dir fünf schnelle und effektive Methoden vor, die dir helfen, deine Schreibblockade zu lösen und deine kreative Ader wieder zum Fließen zu bringen.
Wir beginnen mit einer Methode, die dir hilft, in einem ersten Schritt deine Gedanken zu ordnen und Ideen zu generieren, bevor wir uns dann dem freien Schreiben zuwenden und die innere kritischen Stimme entwaffnen.
1. Die Cluster-Methode: Gedanken assoziieren und fließen lassen
Die Cluster-Methode ist eine visuelle Technik, die dir hilft, deine Gedanken zu einem Thema loslaufen zu lassen und assoziative Verbindungen herzustellen. Sie ist ein idealer Startpunkt, um aus der Schreibblockade auszubrechen, deine Gedanken aufzubrechen und erste Ideen zu generieren. Sie fördert ein ganzheitliches Denken und kann dir neue Perspektiven eröffnen. Die Methode ermöglicht einen ersten, intuitiven Kontakt mit einem Thema und setzt spontane Gedankenketten frei.
So einfach kommst du zu deinem Ideen-Cluster:
1. Großes Papier: Verwende ein großes Blatt Papier (mindestens DIN A4, besser DIN A3) im Querformat, um ausreichend Platz für deine Ideen zu haben.
2. Kernthema in die Mitte: Schreibe dein Kernthema oder ein zentrales Wort in die Mitte des Papiers und umkreise es.
3. Assoziationen notieren: Lass deine Gedanken frei fließen und notiere alle Begriffe, Ideen und Assoziationen, die dir zum Kernthema einfallen, um das zentrale Wort herum. Jedes Wort ist richtig und erlaubt. Werte nicht und kritisiere nicht. Schreibe alles auf, was die in den Kopf kommt.
4. Verbindungen ziehen: Verbinde verwandte Ideen und Begriffe mit Linien, um die Zusammenhänge visuell darzustellen.
5. Arbeite schnell und halte den Stift immer in Bewegung. Wenn der Ideenfluss stockt, dann umkreise Worte, ziehe Linien nach oder füge schnelle kleine Zeichnungen (Doodles) ein.
Werte dein entstandenes Cluster nun aus, markiere wichtige Punkte und strukturiere sie auf einem zweiten Blatt. Das Cluster dient dir als visuelle Ideensammlung und Grundlage für deinen Text. Ausführlich habe ich die Cluster-Methode nach Gabriele L. Rico in diesem Beitrag beschrieben.

2. Fokussiertes Freewriting: Schreibe einfach drauflos!
Nachdem du mit der Cluster-Methode erste Ideen gesammelt und dein Thema auf assoziative Weise erkundet hast, kannst du nun mit dem fokussierten Freewriting tiefer in den Schreibprozess einsteigen. Das Freewriting baut auf der Ideensammlung auf und hilft dir, die gefundenen Gedanken und Assoziationen in einen ersten Textfluss zu bringen. Zur Erinnerung: Der beste Weg, eine Schreibblockade zu lösen, ist sich einfach dem Schreiben hinzugeben, ohne über das Ergebnis nachzudenken. Das fokussierte Freewriting ist eine Methode, bei der du einen Timer stellst (7 bis 15 Minuten sind ideal) und dann ununterbrochen zu deinem Thema oder einem Stichwort schreibst. Keine Unterbrechung, keine Zensur: Das Wichtigste ist, dass du ohne Pause schreibst und dich nicht um Fehler, Grammatik oder stilistische Formulierungen kümmerst. Lass deine Gedanken einfach fließen und bringe alles zu Papier, was dir in den Sinn kommt.
Was tun, wenn die Gedanken stocken?
- Wiederhole den Anfangsbuchstaben deines Vornamens: Diese simple Wiederholung hilft, den automatischen Schreibprozess aufrechtzuerhalten, ohne dass du über den Inhalt nachdenken musst.
- Schreibe „mir fällt nichts mehr ein, weil…“
Mein Tipp für dich: Du kannst ein Freewriting immer zu Beginn einer Schreibphase nutzen, um noch offene Fragen zu erkunden oder im Anschluss an eine Lernphase, um neues Wissen schnell zusammenfassen – beides hilft dir deinen Wissensstand zu überprüfen und eventuelle Lücken zu erkennen.
Mein Top-Tipp: Verbinde Cluster und Freewriting. Stelle den Timer auf sieben Minuten und erstelle wie oben beschrieben ein Cluster zu einem bestimmten Thema/Begriff. Dann leg dein Cluster einfach zur Seite und gönne dir eine Pause von einer Minute, in der du nicht weiter nachdenkst. Stelle den Timer erneut auf sieben Minuten und schreibe zum Thema/Begriff frei drauflos. Es gibt keine Vorgaben zu den Begriffen, die du zuvor geclustert hast. Lass deine Gedanken einfach fließen und sei überrascht von deinem Text.
3. Schalte die innere kritische Stimme aus
Oftmals ist es die kritische innere Stimme, die uns bei Schreibblockaden ausbremst. Sie bewertet und verurteilt unsere Ideen noch bevor sie überhaupt zu Papier gebracht wurden. Um diese Blockade zu überwinden, ist es wichtig, den inneren Kritiker, die innere Kritikerin zu entmachten.
Mit diesen Techniken bringst du innere kritische Miesmacher zum Schweigen:
Dialog mit dem/der Kritiker*in: Unterhalte dich mit deiner inneren kritischen Person und frage sie, warum sie sich so frech und ungefragt in deine Gedankenwelt einmischt. Oftmals hilft es schon, sie zur Rede zu stellen und ihr jede Einmischung bewusst zu verbieten.
Negative Gedanken aufschreiben: Nimm dir fünf Minuten Zeit und schreibe alle negativen Gedanken auf, die dir in Bezug auf dein Schreiben in den Sinn kommen. Dies hilft, dir der Intensität der möglichen Kritikpunkte bewusst zu werden und ihnen die Schärfe zu nehmen. Wenn du die negativen Gedanken vor dir siehst, verlieren sie an Macht.
Die Clown-Figur-Methode: Stelle dir deine innere kritische Person als Clown oder Comic-Figur vor. Verpasse ihr eine rote Nase, ein pinkfarbenes Tutu und ein von Motten zerfressenes T-Shirt in Übergröße. Je absurder die Vorstellung, desto besser. Visualisiere diese absurde Szene so detailliert wie möglich. Male dir einen Dialog mit dem Clown in allen Einzelheiten aus und versuche, dir das Bild lebhaft vorzustellen. Humorvolle Visualisierung verändert die Perspektive auf die innere kritische Stimme, die der Clown repräsentiert und nimmt ihm seine Bedrohlichkeit. Beobachte, wie sich deine emotionale Reaktion auf den Clown durch die Visualisierung verändert.
4. Schreibe, wie dir der Schnabel gewachsen ist: Befreie dich von Perfektionismus
Perfektionismus ist einer der Hauptgrund für Schreibblockaden. Der Druck, von Anfang an perfekte Sätze formulieren zu müssen, wirkt lähmend auf den Schreibprozess. Die Methode des absichtlich „schlechten“ Schreibens hilft dir, Perfektionismus loszulassen und leichter ins Schreiben zu kommen.
Schreib, wie du sprichst: Schreibe so, wie du sprichst! Verzichte auf Fachtermini, wenn du dich damit nicht wohlfühlst, und vermeide komplexe Satzstrukturen. Formuliere deine Gedanken so, als würdest du mit jemandem über dein Thema sprechen.
Der erste Entwurf ist nur ein Entwurf – er muss nicht perfekt sein: Mache dir bewusst, dass du im ersten Anlauf keinen druckreifen Text schreiben musst. Das Ziel ist es, deine Ideen erst einmal grob zu Papier zu bringen. Das Überarbeiten und Verbessern erfolgten in einem späteren Schritt.
Diese Methode hilft dir, lähmenden Perfektionismus abzubauen und den Schreibfluss in Gang zu bringen. Indem du dir erlaubst, „schlecht“ zu schreiben, nimmst du den Druck von dir, sofort perfekte Formulierungen finden zu müssen. Das Schreiben im „gesprochenen Stil“ führt nebenbei zum natürlichen und authentischen Schreibstil – den du dann nur noch an die Konventionen deiner Textsorte anpassen musst.
5. Stelle die Textfarbe auf Weiß: Unsichtbar schreiben für unzensiertes Freewriting
Für manche Menschen ist es selbst beim Freewriting schwer, den inneren Kritiker/die innere Kirtikerin auszuschalten und Tippfehler oder „schlechte“ Formulierungen einfach stehenzulassen. Die Methode, die Schriftfarbe auf weiß zu stellen, kann hier helfen.
Text unsichtbar machen: Stelle die Schriftfarbe in deinem Textverarbeitungsprogramm auf Weiß (oder die Hintergrundfarbe deines Dokuments). Dadurch wird der Text, den du schreibst, unsichtbar.
Unzensiertes Schreiben: Schreibe nun ungestört weiter. Da du deinen Text nicht siehst, wirst du weniger versucht sein, ihn während des Schreibens zu beurteilen oder zu korrigieren. Der innere Kritiker wird „ausgetrickst“.
Text sichtbar machen und überarbeiten: Erst wenn du dein Freewriting beendet hast (nach Ablauf des Timers oder wenn du das Gefühl hast, genug geschrieben zu haben), stellst du die Schriftfarbe wieder auf Schwarz (oder eine andere sichtbare Farbe) um. Jetzt setzte deinen kritischen Blick auf und überarbeiten den Text.
Extra-Tipp für Extra-Schreibspaß: Die Schreibblockaden-Killer-App
Für den Extra-Freewriting-Spaß gibt es das fantastische (kostenloses) Online-Tool The Most Dangerous Writing App Dieser Schreibblockaden-Killer löscht deinen Text unwiderruflich, wenn du für mehr als fünf Sekunden aufhörst zu schreiben. Wähle den Button Writing w/o Prompt und lege los.
Fazit: Schreiben ist trainierbar!
Schreibblockaden sind nervig, aber normal und kein unüberwindbares Hindernis. Mit den hier vorgestellten fünf Methoden hast du wirksame Werkzeuge an der Hand, um deine Kreativität wieder anzukurbeln und deine Schreibblockaden zu lösen. Probiere die Methoden aus und finde heraus, welche für dich am besten funktionieren. Denke daran: Kreativität ist wie ein Muskel – je mehr du ihn trainierst, desto stärker wird er! Und vergiss nicht: Schreiben macht Spaß! Nimm den Druck raus, experimentiere und entdecke die Freude an deinem eigenen ungezügelten Schreiben.
Quellen und weitere Informationen:
Rico, Gabriele L., Garantiert schreiben lernen: Sprachliche Kreativität methodisch entwickeln: ein Intensivkurs auf der Grundlage der modernen Gehirnforschung, Rowolt 1983
Squibler, The Most Dangerous writing App, https://www.squibler.io/dangerous-writing-prompt-app (Zugriff 07. März 2025)
Lesetipp für Studierende:
Kruse, Otto, Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. 12., völlig neu bearbeitete Auflage, Campe 2007
Lesetipp für Musestunden:
Piepgras, Ilka, Schreibtisch mit Aussicht, Kein & Aber, 2020
Greitemann, Leander, Unfog You Mind – Perspektivwechsel für mehr Lebenslust und Leichtsinn, Verlag Hermann Schmidt 2020
Goldberg, Natalie, Schreiben in Cafés, Autorenhaus Verlag 2019
Bilder: Adobe Stock (Beitragsbild) / Grafik: Michaela Paefgen-Laß